Dichte Luftleitungen als Basis des Gebäudeenergiegesetzes (GEG)
Um den Anforderungen der Bundesregierung gerecht werden zu können und den Gebäudebestand bis 2050 nahezu klimaneutral zu gestalten, braucht es mehr als den Austausch alter Heizungen und eine verbesserte Wärmedämmung alter Dächer. Ein wichtiger Aspekt, der dank Verbänden, Wissenschaft, Forschung und Fachleuten immer mehr in den Fokus rückt, ist die Dichtheit von Luftleitungssystemen. Denn ausgehend von durchschnittlichen – bisher stillschweigend oder unwissend akzeptierten – Leckageraten von 15 % und mehr, liegt der energetische Mehrbedarf von Lüftungs- und RLT-Anlagen aktuell bei bis zu 100 %. Dies zu ändern und mit dichten Luftleitungssystemen das Erreichen des vorgegebenen Ziels der Bundesregierung zu unterstützen, ist heutzutage kein Problem mehr und sollte daher verpflichtend festgelegt werden.
Rund 35 bis 40 % des Energieverbrauchs und etwa 30 % der CO2-Emssionen werden in Deutschland momentan durch den Gebäudesektor verursacht. Und dass, obwohl bereits 2005 das Gesetz zur Einsparung von Energie in Gebäuden (Energieeinsparungsgesetz (EnEG)) erlassen wurde und 2007 die Energieeinsparverordnung (EnEV; Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden) folgte. Im Oktober 2013 veröffentlichte das Bundesbauministerium den für Bundesbauten verpflichtend einzuhaltenden Leitfaden Nachhaltiges Bauen (BNB). Zusammen mit einem Bewertungssystem hat dieser das Ziel, die Anforderungen an ganzheitlich optimierte Gebäude festzuschreiben. Aufbauend auf dem Leitfaden folgte Ende Mai 2018 eine Überarbeitung der Energy Performance of Buildings Directive (EPBD) zur Regulierung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden. Nahezu zeitgleich wurde im Jahr 2017 der erste Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) vorgelegt. Dieses soll wesentliche Aspekte und Anforderungen des Energieeinsparungsgesetzes (EnEG), der Energieeinsparverordnung (EnEV) und des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes (EEWärmeG) zusammenfassen, vereinheitlichen und vereinfachen. Bereits im Vorfeld positiv bewertet durch den Bundesindustrieverband Technische Gebäudeausrüstung (BTGA), den Fachverband Gebäude Klima (FGK) und den Herstellerverband Raumlufttechnische Geräte (RLT-Herstellerverband) wurde das GEG am 19. Juni im Bundestag verabschiedet und soll voraussichtlich Ende Oktober diesen Jahres in Kraft treten. Neben dem Ziel den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen deutlich herunterzufahren, verfolgen alle genannten Leitfäden, Verordnungen und Gesetze den Zweck, die Gesamteffizienz im Gebäudesektor zu steigern. Vor diesem Hintergrund ist es erklärtes Ziel der Bundesregierung, den Wärmebedarf von Gebäuden eindeutig zu senken und bis zum Jahr 2050 einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen. Ein ehrgeiziges Ziel, für dass der Bedarf an Primärenergie um rund 80 % gesenkt werden muss und neue Impulse und Ansatzpunkte im Gebäudebereich unabdingbar sind.
Dichte Luftleitungssystem als Basis für Energieeinsparungen und Effizienzsteigerungen
Einen dieser wichtigen Ansatzpunkte stellen die im EnEG, der EnEV und auch im GEG explizit erwähnten Lüftungs- und Klimaanlagen dar. Deren Luftleitungssysteme weisen zahlreichen Studien und Untersuchungen zufolge nämlich fast in ganz Europa durchschnittliche Leckageraten von 15 % und mehr auf. Dies entspricht gemäß der DIN EN 16798-3 der Dichtheitsklasse ATC 6 und damit 2,5-Mal der schlechtesten Dichtheitsklasse A (gemäß der früheren DIN EN 13779). Fast ein Sechstel des gesamten geförderten Luftvolumens geht dadurch in Zwischendecken, Schächten und andernorts verloren, statt in den Räumen anzukommen, die bestimmungsgemäß mit dem Lebensmittel Luft versorgt werden sollen. Neben dem Verlust an wertvoller Luft, bedeuten die Leckagen Effizienzeinbußen und in der Folge unnötig hohe Kosten. So titelte die New York Times in Anlehnung an eine Untersuchung von Mc Kinsey & Company, dass dichte Luftleitungen das größte Energieeinsparungspotenzial bei energetischen Sanierungen in den USA bieten. Ergebnissen des ICEE Reports Energy savings estimates of duct sealing applications (Energieeinsparungen durch die Abdichtung von Luftleitungssystemen) zufolge können durch eine Beseitigung von Leckagen Energieeinsparungen von rund 46 % und Stromkosteneinsparungen von etwa 50 % erreicht werden. Diese Befunde bestätigt auch Marcel Riethmüller, Geschäftsführer der ecogreen Energie GmbH & Co. KG: „Beispielhaft kann durch eine Reduzierung des Luftvolumenstroms um rund 20 % der Energieeinsatz um etwa 50 % verringert werden. Deshalb gilt grundsätzlich, dass eine Anpassung des real geförderten Luftvolumenstroms an den Bedarf – der sich ohne Leckagen ergeben würde – die Basis für eine energieeffiziente Lüftungsanlage ist. Und dafür braucht es als Grundlage zuverlässig dichte Luftleitungssysteme.“
Luftleitungssysteme bieten damit enormes Potenzial für Energieeinsparungen, Effizienzsteigerungen und zudem Kostensenkungen. Weiterhin sind sie eine grundlegende Voraussetzung, um die Wirksamkeit, der seitens der Politik proklamierten Maßnahmen, wie BIM, smarte Gebäudetechnik, Quartiers-Konzepte, effiziente und energiesparende Ventilatoren oder eine verpflichtende Wärmerückgewinnung wirklich auszuschöpfen. Und auch in punkto Luftreinigung und dem damit verbundenen Brand- und Bautenschutz stellen dichte Luftleitungen eine wichtige Grundvoraussetzung dar. So erklärt Sven Rentschler, CEO der Reven GmbH, „Bei der Luftreinigung, wie sie zum Beispiel für lebensmittelverarbeitende und Maschinebaubetriebe typisch ist, werden aus den Bearbeitungsmaschinen Aerosole von Kühl- und Schmiermitteln beziehungsweise Frittier-, Brat-, und Backölen abgesaugt. Diese lagern sich dann auf den Luftleitungssystemen ab und kondensieren. Weisen die Luftleitungssysteme Undichtigkeiten auf – und das ist bei fast allen Anlagen der Fall – regnen die Öle sprichwörtlich aus den Leitungssystemen vom Dach. Die Folge sind oftmals unvermeidbare Schäden an Schaltschränken und teuren Produktionsanlagen. Weiterhin bleibt zu bedenken, dass es sich bei den aus den Luftleitungssystemen tropfenden Flüssigkeiten in schöner Regelmäßigkeit um reine und leicht entzündliche Öle handelt. Also um eine erhebliche zusätzliche Brandlast, an die meist so lange keiner denkt, bis es dann brennt.“
In Anbetracht dieser vielfältigen Aspekte, erscheint die Forderung des Fachverbands Gebäude-Klima (FGK), im Gebäudeenergiegesetz (GEG) für RLT-Anlagen mit einem Mindestvolumenstrom von 1.000 m3/h Vorgaben zur Dichtheit von Luftleitungssystemen aufzunehmen, fast als logische Konsequenz. Ein Appell, der die nach Ansicht von Verbänden, Forschung, Wissenschaft und Experten erhebliche Bedeutung der Dichtheit in den Fokus rückt und zudem die Vorgaben der VDI 2067 Blatt 1 (wirtschaftlicher Betrieb) und der VDI 6022 (hygienischer Betrieb) unterstützt. Denn nur mit zuverlässig dichten Luftleitungen können Luftleitungssysteme mit minimalen Kosten, maximaler Effizienz und minimalem Energieeinsatz betrieben und ein hygienisch reines Lebensmittel Luft garantiert werden.
Prozesskette mit Dichtheitsverlusten
Eine garantierte Dichtheit von Luftleitungssystemen setzt allerdings voraus, dass die aktuelle Prozesskette im Luftleitungsbau um einen wichtigen und wesentlichen Arbeitsschritt ergänzt wird: eine nachträgliche und verpflichtende Abdichtung des gesamten Luftleitungssystems. Basis dafür sollte eine verpflichtende Funktionsmessung sein, bei der messtechnisch die Dichtheit in der Errichtungsphase festgestellt wird. Wird dabei die vereinbarte Dichtheitsklasse unterschritten, sollte eine Nachbesserung verpflichtend durchgeführt werden müssen. Denn weder Planungsvorgaben noch Produktions- und Montagestandards durch Normen und andere Regelwerke können die Dichtheit und damit Energieeffizienz einer Lüftungs- oder RLT-Anlage garantieren. Der Grund ist eine im Folgenden aufgezeigte graduelle Verschlechterung der Dichtheit entlang der gesamten Prozesskette (Ausschreibung, Planung, Herstellung, Transport, Handhabung und Montage), welche wesentlich zu den in der Praxis meist angetroffenen Leckageraten von 15 % und mehr beiträgt.
Ausschreibung einer zu geringen Dichtheitsklasse
Angefangen bei Ausschreibungen im Gebäudebereich, wird meist nur die Mindestanforderung der DIN EN 16798-3 bzw. der EnEV für Sanierung und Neubau, nämlich die Dichtheitsklasse B, gefordert. Diese bedeutet, dass in Standardbauwerken eine Undichtheit von 2 % (= Dichtheitsklasse B oder ATC 4) stillschweigend akzeptiert und erlaubt wird. Werden besondere Anforderungen an die Hygiene oder Energieeffizienz gestellt, wird in Anlehnung an die VDI 3803, die VDI 6022, die EnEV sowie die DIN 16798-3 und 15780 die Dichtheitsklasse C (= 0,67 % Leckage oder ATC 3) empfohlen und im Idealfall auch ausgeschrieben. Dabei erklärt Reinhard Siegismund, ö.b.u.v. Sachverständiger und Beratender Ingenieur VBI, „Weit verbreitet ist heute bei der Planung und Ausführung von raumlufttechnischen Anlagen, dass Regeln und Normen gerade so erfüllt werden. Oft wird mir als Sachverständiger bei der Abnahme dann die Messtoleranz erläutert, mit der meine Messergebnisse zu bewerten sind. Dies entspricht in der Regel +/- 20 %, wobei zum Erreichen einer gerade noch akzeptablen Abweichung des Soll- vom Istwerts fast immer – 20 % angesetzt wird. Die Ziele Energieeinsparung, Umweltschutz und die Gesundheit der Menschen werden dabei viel zu oft und leichtsinnig wegen einer meist nur geringen Kosteneinsparung verspielt.“ Dementsprechend ist eine Ausschreibung der besten Dichtheitsklasse D und damit eine Leckagemenge von nur 0,22 % im gesamten System in nahezu keiner Ausschreibung zu finden. Und das, obwohl die Herstellung von Luftleitungsbauteilen unter Einhaltung der DIN 1507 bzw. HFL2002 (für eckige Luftleitungsbauteile), der DIN 12237 bzw. HFL2003 (für runde Luftleitungsbauteile) sowie der DIN EN 15727 und DIN EN 1751 selbst in der besten Dichtheitsklasse D (= ATC 2) in der Praxis meist kein Problem darstellt.
Dichtheitsverluste durch den Transport zur Baustelle
Problematisch in punkto Dichtheitsklasse ist jedoch der Transport vom Hersteller zur Baustelle. So geht durch die Handhabung der Bauteile, die für den Transport unerlässlich ist, sprich, das Heben in und aus dem LKW, das Ver- und Entladen, das Stapeln der Bauteile im LKW und vieles mehr, in der Praxis meist eine Dichtheitsklasse verloren. Der Grund sind beispielsweise unvermeidbare leichte Formänderungen durch Verzug sowie beschädigte Falze und Dichtungen. Ausgehend von einer nach wie vor häufig ausgeschriebenen, geplanten und produzierten Dichtheitsklasse B resultiert nach dem Transport also häufig bestenfalls noch die Dichtheitsklasse A (= ATC 5). „Umgerechnet“ auf die Leckagemenge bedeutet dies statt einer Leckage von 2 % eine Verdreifachung und damit Undichtigkeiten von bereits rund 6 % des Gesamtvolumenstroms.
Montage unter Hochdruck
Eine weitere Verschlechterung der Dichtheit resultiert aus der Montage der Bauteile im jeweiligen Gebäude. Selbst unter Einhaltung der Montageempfehlungen des HFL-Verbands sind Undichtigkeiten unvermeidbar. Gründe hierfür: Luftleitungsbauteile entsprechen oftmals nicht mehr zu 100 % ihrer ursprünglichen Form und passen damit nicht exakt zueinander. Die Zugänglichkeit zu einigen Bauteilen ist erheblich eingeschränkt. Und die Herangehensweise „Versuch, Irrtum, neuer Versuch“ führt insbesondere bei Schrauben, Nieten und Klammern – durch die häufig missachtete Abdichtung des alten Lochs – zu neuen Leckagen. Eine weitere Ursache für Undichtigkeiten sind Aufmaßteile und Passlängen, die auf der Baustelle nach Produktionsstandards gefertigt werden und die Unterschiede zwischen Planung und realer Situation vor Ort ausgleichen sollen. Zudem braucht es auf der Baustelle für ein optimales Montageergebnis Verantwortungsbewusstsein, Fachverstand, Platz, Zeit sowie eine fundierte Ausbildung (im Gegensatz zu anderen Ländern gibt es in Deutschland den Ausbildungsberuf Lüftungsmonteur nicht; lediglich die VDI 6022 schreibt vor, dass für Planung, Errichtung und Betrieb eine durch Ausbildung und Berufserfahrung nachzuweisende Fachkunde zwingend erforderlich ist). Dinge, die nach Christian Podeswa, Schulungsreferent bei der Helios Ventilatoren GmbH & Co. KG in der Praxis oftmals fehlen „Es wird zunehmend schwerer aufgrund der baulichen Anforderungen in Planung und Umsetzung die Luftleitungssysteme so auszulegen und zu installieren, wie es der Baustandard fordern würde. Fehlender Platz und immer kürzere Installationszeiten führen zu einem hohen Druck. Und das bei einer Arbeit, die eigentlich ein hohes Maß an Besonnenheit und Genauigkeit fordert. Das Ergebnis wirkt sich dann leider nachteilig auf die Dichtigkeit der Anlage aus.“
Der günstigste Bieter und ein Montagemix aus A bis D
Ein weiterer Aspekt für eine Verschlechterung der Dichtheitsklasse bei der Montage ist die gängige Praxis den billigsten – und damit oftmals auch weniger erfahrenen – Bieter auszuwählen. Ein Auswahlkriterium, dass nach Reinhard Siegismund zu überdenken wäre. „Vielleicht sollten wir die Vergabeordnung ändern und bei öffentlichen Ausschreibungen den billigsten und den teuersten Bieter aus dem Vergleich herausnehmen. Denn momentan regiert bei der Vergabe in unserem Land oft das Motto: ‚Der billigste Bieter ist zu beauftragen‘. Der Auftragnehmer führt dies im Sinne ‚Das Billigste ist für unseren Kunden gut genug‘ meist mit den entsprechenden Nachteilen für die Dichtheit fort. Viel sinnvoller wäre es hingegen, wie in der Vergabeverordnung des Bundes vorgegeben, bei der Vergabe den wirtschaftlichsten Bieter zu beauftragen. Den zu bestimmen, ist zugegebenermaßen – ohne Vorerfahrung mit den Bietern – oft schwierig bis unmöglich. Es wäre jedoch eine Chance, um wegzukommen, von Luftleitungssystemen, die aus den billigsten Komponenten, vom günstigsten Anlagerbauer so aufgebaut werden, dass sie mit maximaler Messtoleranz gerade noch die Mindestanforderungen einer per se schlechten Dichtheitsklasse erfüllen“. Hinzu kommt, dass bei der Montage eine Verbindung verschiedenster Komponenten erfolgt. Je nachdem, um welches Bauteil es sich handelt, wurde es nach anderen Kriterien zertifiziert und erfüllt nicht die gleichen Dichtigkeitsstandards. Oder es werden einzelne Bauteile eingesetzt, die nicht der Dichtheitsklasse des Gesamtsystems entsprechen. So ist es beispielsweise keine Seltenheit, dass in einem Luftleitungssystem, dass in der Gesamtheit die Dichtheitsklasse B oder C erfüllen soll, einzelne Bauteile mit der Dichtheitsklasse A verbaut werden. Das Erreichen der vorgegebenen Dichtheitsklasse für das Gesamtsystem (B oder C) ist ohne Austausch des Bauteils mit der Dichtheitsklasse A oder eine nachträgliche Abdichtung nicht möglich. Gleiches gilt für bereits montierte Luftleitungsbauteile, die im Zuge der Montage des restlichen Luftleitungssystems von parallel arbeitenden Gewerken als Sitzgelegenheit und ähnliches „missbraucht“ werden, sich dadurch verformen und dadurch die Dichtheit einzelner Bauteile und damit des Gesamtsystems verschlechtern.
Augen und Ohren auf für die Dichtheitskontrolle nach der Montage
Ist ein Luftleitungssystem – egal welcher Dichtheitsklasse – fertig montiert, erfolgt eine Überprüfung „gemäß Vorgaben“. Diese startet meist mit einer visuellen Inspektion des Systems, um potenzielle Undichtigkeiten frühzeitig zu erkennen und vor der Inbetriebnahme abdichten zu können. Eine visuelle Überprüfung ist jedoch generell nur an den Stellen möglich, die gut zugänglich sind und liefert selbst beim Einsatz von Sprühnebel oder Seifenlauge nur dann brauchbare Ergebnisse, wenn der Prüfer ausreichend Erfahrung und Aufmerksamkeit mitbringt. Ergänzend zur visuellen bietet eine messtechnische Überprüfung, die meist in Anlehnung an die DIN EN 12599 erfolgt, die Möglichkeit den Leckagevolumenstrom zu quantifizieren und damit die Dichtheitsklasse des Systems zu bestimmen. Das Problem ist, dass die messtechnische Prüfung meist nur an Teilstücken erfolgt und nur dann zwingend durchgeführt werden muss, wenn sie im Leistungsverzeichnis (LV) ausdrücklich angegeben wurde. Ist dies – wie häufig – nicht der Fall, liegen die Abnahmekriterien im Ermessensspielraum des Anlagenbauers oder landen in den Händen von Sachverständigen, die sich nach Aussage von Reinhard Siegismund vor Arbeit nicht retten können. „Dabei sind wir nicht nur gefragt, wenn Zusagen nicht eingehalten werden (z.B. Dichtheitsklasse C) und der Bauherr dann eine Neuinstallation der Luftleitungen verlangt, was durchaus mal mit Kosten in sechsstelliger Größenordnung verbunden ist“.
Viel Aufwand für meist wenig Erfolg
Wurden in einem Luftleitungssystem durch visuelle oder messtechnische Prüfungen Undichtigkeiten identifiziert, gilt es diese abzudichten. Dieser Prozess erfolgt oft noch händisch und iterativ – sprich eine Undichtigkeit nach der anderen, beginnend bei großen Leckagen hin zu immer kleineren Leckagen. Je nach Art der Undichtigkeit kommen bei der händischen Abdichtung Dichtbänder, Kaltschrumpfbänder und vieles mehr zum Einsatz. In Abhängigkeit von der aufgewendeten Zeit, der Zugänglichkeit des Systems sowie der Erfahrung, Sorgfalt und Genauigkeit des Monteurs kann damit die Dichtheitsklasse B oder gar C durchaus erreicht werden. Meist sind dies jedoch Ausnahmefälle und eine vorab garantierte Dichtheitsklasse C bedeutet für Anlagenbauer und Planer große Risiken.
Dichtheitsklasse C auf dem Papier, A in der Realität
Ist das Luftleitungssystem dann „fertig“ abgedichtet und die geforderte Dichtheitsklasse erreicht, wird die Abdichtung beendet. Der Anlagenbauer bestätigt die Dichtheit und die Anlage ist bereit zur Inbetriebnahme. Bei der Bestätigung der Dichtheit ist jedoch zu beachten, welcher Anteil des Luftleitungssystems geprüft wurde. 100 %, 50 % oder nur die in der DIN EN 12599 als Referenz angegeben 10 m² bzw. 10 % der Leitungsoberfläche mit einem repräsentativen Querschnitt aller Bauteile. Ist letzteres der Fall – und so ist es bei der überwiegenden Zahl der Baustellen – ist real keine aussagekräftige und repräsentative Aussage über die Dichtheit des gesamten Luftleitungssystems möglich. Denn selbst bei Luftleitungssystemen, die in der Gesamtheit eine Dichtheitsklasse A oder schlechter aufweisen, existieren oftmals Teilabschnitte, die der Dichtheitsklasse C entsprechend. Wird genau einer dieser Abschnitt überprüft, kann es passieren, dass einem Luftleitungssystem mit einer Dichtheitsklasse schlechter A – also Leckageraten von rund 15 % und mehr – eine Dichtheitsklasse C (= 0,67 % Leckagerate) bestätigt wird. Eine Dichtheitsklasse, die für den Bauherren auf dem Papier gut aussieht, in der Praxis jedoch durch hohe Leckageraten zu unnötig hohen Mehrkosten führt und Einbußen in der Energieeffizienz bedeutet.
Von C nach A in wenigen Schritten
Zusammengefasst bedeutet dies, dass nahezu jeder einzelne Schritt der Prozesskette im Luftleitungsbau die Qualität und damit die Dichtheit des gesamten Luftleitungssystems negativ beeinflussen kann (siehe Tabelle 1). Wird also beispielsweise die Dichtheitsklasse C (= 0,67 % Leckagerate) ausgeschrieben, lässt sich prozessbedingt ohne eine nachträgliche Abdichtung in der Praxis meist bestenfalls Dichtheitsklasse A (= 6 % Leckagerate) erreichen. Da jedoch vielmals nur die Mindestanforderung der Dichtheitsklasse B in den Ausschreibungen von (öffentlichen) Auftraggebern oder Planern gefordert wird, liegen die Leckageraten im Betrieb in aller Regel bei 15 % und mehr. Folglich werden Luftleitungssysteme damit genau genommen entgegen der selbst erlassenen Anforderungen bei einer nicht mehr definierten Dichtheitsklasse betrieben, die 2,5-Mal der schlechtesten Dichtheitsklasse A entspricht. In der Konsequenz bedeutet dies erhebliche Energie- und Effizienzverluste sowie unnötig hohe Kosten und zahlreiche weitere Nachteile.
Prozesskette Luftleitungsbau |
Vorgegebene Dichtheitsklasse (Leckagerate) |
Real erzielbare Dichtheitsklasse (Leckagerate) |
Dichtheitsklasse und deren Erfüllung wird vom Planer in der Ausschreibung vorgegeben |
C (0,67%) |
C (0,67%) |
Luftkanalhersteller fertigt, prüft und liefert gemäß Vorgaben |
C (0,67%) |
C (0,67%) |
Luftkanalbauteile werden zur Baustelle transportiert |
C (0,67%) |
B (2%) |
Montagefirma montiert und prüft gemäß Vorgaben |
C (0,67%) |
A (6%) - 2,5 x A (15%) |
Reinigungsfirma reinigt gemäß Vorgaben |
C (0,67%) |
A (6%) - 2,5 x A (15%) |
MSR-Technik reguliert die Anlage ein |
C (0,67%) |
A (6%) - 2,5 x A (15%) |
Anlage wird an den Bauherren übergeben |
C (0,67&) |
A (6%) - 2,5 x A (15%) |
Anlage im Betrieb |
C (0,67%) |
≥ 2,5 x A (≥ 15%) |
Tabelle 1: Theoretische Vorgaben für Luftleitungssysteme und real erzielbare Dichtheitsklassen
Detlef Malinowsky, Sachverständiger, Referent für TGA-Technik, KfW und BAFA gelisteter Berater sowie Vorstand der Energiegenossenschaft und des Gewerbeverbands, kann dies nur bekräftigen: „Ja, es stimmt, die Dichtheit von Luftleitungssystemen entspricht meiner eigenen Einschätzung nach in der Praxis in etwa 50 % der Fälle keiner Dichtheitsklasse. Dies bedeutet, dass die Luftleitungen sehr undicht sind und in der Folge
- Geräusche in Zwischendecken entstehen, die bis in den Nutzraum störend sind.
- ungewollte Luftüberströmung und damit Geruchsbelästigungen bedingen, weil beispielsweise die Luft von einem geruchsintensiven Raum, wie eine Cafeteria, in eine Bürofläche strömt.
- die Luftverteilung in einem verzweigten Luftkanalsystem fehlt und deshalb das System nicht lufttechnisch einreguliert werden kann.
- lufttechnisch unterversorgte Räume und damit eine schlechte Luftqualität durch zu hohe CO2-Werte resultieren.
- Fehlfunktionen von Volumenstromreglern unvermeidbar sind, weil der Vordruck zu niedrig ist.
- der Energieaufwand am Ventilator unnötig steigt, um die Leckageluftmengen auszugleichen.
- keine Reserven vorhanden sind, um steigende Filterdrücke zu überwinden, die durch eine Verschmutzung während des Betriebs entstehen (in der Regel laufen die meisten neuen RLT-Anlagen bereits nach der Abnahme mit der maximalen Leistung).
Dies bedeutet, dass die meisten RLT-Anlagen eigentlich gar nicht abgenommen werden dürften, weil keine der Anlagen die geplante Funktion erfüllen kann.“ Und auch Marcel Riethmüller pflichtet ihm bei: „Wenn ich die montierten Kanäle teilweise sehe und auch höre, würde ich mich freuen, wenn wir in der Praxis überhaupt die Dichtheitsklasse B erreichen würden.“ Zur gleichen Erkenntnis kommt Valerie Leprince, Geschäftsführerin von PLEIAQ. Sie berichtet: „Eine kürzlich im Rahmen der Arbeitsgruppe des Tightvent Airtightness Association Committee (TAAC; Tightvent Ausschuss für Luftdichtheit) durchgeführte Umfrage zeigt, dass das Bewusstsein in Europa – mit Ausnahme Schwedens – bezüglich der Luftdichtheit von Luftleitungssystemen sehr gering ist. Darüber hinaus haben kürzlich in Frankreich im Rahmen des Effinergie+-Labels durchgeführte Messungen gezeigt, dass fast 50 % der Luftleitungssysteme eine Luftdichtheit von 2,5-Mal der Dichtheitsklasse A oder sogar noch schlechter aufweisen und das, obwohl sie so geplant wurden, dass sie die vom Effinergie+ Label mindestens geforderte Dichtheitsklasse.
50 % Mehrkosten durch undichte Leitungen
Eine Änderung der Baugewohnheiten, die die Bedeutung dichter Luftleitungssysteme in den Fokus rückt, ist demnach nicht nur aus energetischer Sicht sinnvoll. Vielmehr lassen sich mit dichten Leitungssystemen auch finanzielle Mehrkosten vermeiden, die bisher oft noch unbeachtet durch den Verlust an Wärme und Kälte entstehen. So berichtet Jens Amberg, Erfinder des Luftenergiezählers und Geschäftsführer der Luftmeister GmbH, Kirchzarten: „Meist wird bei der Dichtheit von Luftleitungen nur auf den Verlust von Luftmengen geachtet, also die Kubikmeter Luft, die entweichen und nicht nutzbar sind. Einen mindestens ebenso großen Stellenwert haben aber die Verluste an kostspieliger Wärme oder Kälte, die luftseitig transportiert wird.“ Wolf Rienhardt, selbständig tätig für Planung, Training, Beratung in der HLKS-Technik und Mitglied im Deutschen Fachverband für Luft und Wasserhygiene (DFLW), berechnet beispielhaft die durch Undichtigkeiten verursachten Mehrkosten einer Teilklimaanlage (Lüften, Filtern, Heizen, Kühlen) für die Luftförderung und Lufterwärmung in einer Winterperiode (auf Grundlage statistischer Wetterdaten für den Standort Mühldorf/Inn) zu rund 370 Euro (Luftbehandlung) bzw. 385 Euro (Luftbehandlung und Luftförderung). Valerie Leprince bestätigt diese Zahlen und sagt: „Verschiedene Berechnungen, Untersuchungen und Studien haben gezeigt, dass sich durch die Beseitigung von Undichtigkeiten in Luftleitungssystemen die Heizlasten zwischen 5 % und 18 % und die Kühllasten zwischen 10 % und 29 % reduzieren lassen. Zudem führen Leckagen in Luftleitungssystemen dazu, dass rund 30 % bis 75 % mehr Ventilatorleistung und in RLT-Anlagen eine um bis zu 48 % höhere Kühlleistung erforderlich ist. Durch die zuverlässige Beseitigung der Leckagen lassen sich bis zu 50 % der Energiekosten der eingesetzten Ventilatoren einsparen.“ Zudem wirken sich die Leckagen in punkto Baukosten negativ aus. Lüftungs-, Teilklima- und RLT-Anlagen werden bereits bei der Planung überdimensioniert und Volumenströme um 15 bis 20 % höher angesetzt, um den real benötigen Mindestluftwechsel gewährleisten zu können. Die Folge sind überdimensionierte Lüftungsgeräte, ein höherer Platzbedarf für größere Leitungen und Bauteile sowie ein Mehraufwand bei der Schalldämmung und Statik.
Während Bauherren und Betreiber bei der Energieeffizienz eher mal ein Auge zudrücken, führen nach Christian Podeswa, die immer mehr in den Vordergrund rückenden Mehrkosten durch undichte Luftleitungssysteme langsam, aber sicher zu einem Umdenken. „Neben den gesetzlichen Vorgaben und normungstechnischen Grundlagen, die immer mehr auf eine höhere Effizienz von Lüftungsanlagen abzielen, werden auch immer mehr Betreiber auf die Wirtschaftlichkeit einer Lüftungsanlage aufmerksam. Eine entscheidende große Rolle spielt dabei die Dichtheit. Denn salopp ausgedrückt: Wofür zahle ich und was bringt mir mein aufbereitetes Lebensmittel Luft in der Zwischendecke, wo es doch eigentlich in den Nutzungsräumen bereitgestellt werden soll?!“ Detlef Malinowsky unterstütz diese Aussage mit einer Beobachtung aus der Praxis: „Welche Bereiche in einem Bürogebäude haben die beste Luftqualität?“ Die Antwort lautet: „Die Schächte und Zwischendecken!“
Paradigmenwechsel und Umdenken im Luftleitungsbau
Dies zu ändern, Kosten einzusparen, die Energieeffizienz zu erhöhen und zugleich sicherzustellen, dass das wertvolle Lebensmittel Luft – inklusive der darin gespeicherten Wärme- oder Kälteenergie – dort ankommt, wo sie benötigt wird, ist heutzutage grundsätzlich nicht schwierig. Es bedingt jedoch einen von Verbänden und Fachleuten immer stärker geforderten grundlegenden Paradigmenwechsel: weg von der bisherigen Praxis stillschweigend akzeptierter Leckageraten von 15 % und mehr hin zu vorgeschriebenen und verpflichtend einzuhaltenden zuverlässig dichten Luftleitungssystemen. Weg von einer ignorierten oder missachteten Bedeutung hoher Leckageraten hin zu einem bei Planern, Anlagenbauern und Betreibern vorhandenen Bewusstsein, dass dichte Leitungen die wesentliche Grundlage für mehr Effizienz, einen geringeren Energiebedarf und enorme Kosteneinsparungen sind. Weg von einer Prozesskette ohne Nachweis der Dichtheit hin zu einer verpflichtenden und als Bestandteil der Prozesskette akzeptierten nachträglichen Abdichtung des gesamten Luftleitungssystems.
Wolf Rienhardt formuliert das erforderliche Umdenken und zugleich Zurückbesinnen auf alte Werte so: „Die Forderung nach Effektivität – die richtigen Dinge zu tun – und Effizienz – die Dinge richtig zu tun – gibt es in der TGA schon lange. Wären wir diesen Forderungen bisher schon konsequent nachgekommen, dann würden wir viele technische und gesetzliche Regelwerke nicht benötigen. Eine gesetzlich vorgeschriebene Dichtheitsklasse für Luftleitungssysteme – welche auch immer – wäre nicht erforderlich. Um am Prozess der Herstellung, Planung, Errichtung und Betrieb von Lüftungs- und Klimaanlagen beteiligt sein zu dürfen, müssen wir fachkundig sein, und darüber besteht wohl kein Zweifel. Sollte bei einem Fachkundigen die Effektivität und Effizienz nicht zu seinem Ethos gehören? Ich denke, dass dem so sein müsste. Solange wir – die am Prozess bei Herstellung, Planung, Errichtung und Betrieb Beteiligten – die Effektivität und Effizienz nicht zu unserem Ethos machen, werden auch vertragliche Vereinbarungen wie die Leckageprüfungen von Luftleitungssystemen und rechtsverbindliche Regelwerke wie das GEG ohne signifikante Wirkung bleiben.“
Christian Podeswa bestätigt diesen Anspruch und ist der Meinung, dass die Zeit reif für einen Wandel ist: „Da Lüftungsleitungen einen erheblichen Teil einer Anlage darstellen, sollte hier angesetzt werden, um diese zukünftig dichter zu gestalten und somit einen ruhigen und effizienten Betrieb der Ventilatoren bzw. der Gesamtanlage zu ermöglichen. So wird ein Trend kommen, der sich mit unseren Ansprüchen entwickelt, Luftleitungsnetze in Zukunft dichter und somit effizienter zu gestalten.“ Auch Valerie Leprince sieht Handlungsbedarf: „Es braucht einen Sinneswandel, der dazu führt, dass das Bewusstsein der Menschen für die Bedeutung dichter Luftleitungssysteme gestärkt und sensibilisiert wird. Hierzu sollte bei der Inbetriebnahme systematisch eine vorgeschriebene Luftdichtheitsprüfung des ganzen Systems durchgeführt werden. Denn so können Bauherren, Planer und Anlagenbauer schnell und einfach sehen, dass die Luftdichtheit in der Regel ohne zusätzliche Maßnahmen schlecht ist. Wie viel an Mehrkosten dies bedeutet – auch hinsichtlich der Heiz- und Kühllasten sowie des Energieverbrauchs von Ventilatoren – kann einfach mit Gleichungen berechnet und anhand vieler Untersuchungsergebnisse aus Feldmessungen aufgezeigt werden. Ein guter Ansatz wäre hierbei auch, die Auswirkung von Leckagen auf bisher unbeachtete Aspekte, wie zum Beispiel Lärm, Staubansammlung und Raumluftqualität, in weiteren Forschungsarbeiten zu untersuchen und dann in die Gleichungen mit einfließen zu lassen. Und last but not least sollte ein international vereinheitlichtes und verbessertes Messprotokoll, eine geringere Messunsicherheit gewährleistet und eine gesetzlich vorgeschriebene Dichtheitsklasse C eingeführt werden.“
Dichtheitsklasse C als verpflichtender Standard
Mit dieser Meinung stehen Podeswa und Leprince nicht allein da. Den Wunsch einer Festschreibung der Dichtheitsklasse C als Mindestforderung äußern auch immer mehr Experten, Verbände und Fachleute. Eine perfekte Chance für diesen Paradigmenwechsel auch in den normativen Vorgaben wäre dessen schnelle Verankerung im Gebäudeenergiegesetz (GEG). In diesem sollte im Idealfall auch ein Passus enthalten sein, der eine im Leistungsverzeichnis verpflichtend auszuschreibende Mindestdichtheitsklasse fordert, die bei der Übergabe einer Lüftungs- oder RLT-Anlage durch den Anlagenbauer für das gesamte Luftleitungssystem durch (wirtschaftlich) unabhängige Prüfer nachgewiesen werden muss. Für Neuanlagen oder sanierte Altanlagen sollte eine Übergabe mit Einregulierungsprotokollen gefordert werden. Realistisch umsetzbar sind all diese Forderungen jedoch nur dann, wenn die bisherige Prozesskette im Luftleitungsbau um einen wichtigen Schritt komplettiert wird: die nachträgliche Abdichtung kompletter Luftleitungssysteme mit zuverlässigen und innovativen Methoden. Denn nur so kann die Dichtheitsklasse C als neuer Standard für komplette Luftleitungssysteme zuverlässig und auf lange Sicht gewährleistet und vorab garantiert werden.
Eine ideale Lösung zur Abdichtung kompletter Luftleitungssysteme bietet beispielsweise das in den USA entwickelte und patentierte Aeroseal-Verfahren, welches 2015 von der MEZ-TECHNIK GmbH nach Deutschland eingeführt und seitdem europaweit verbreitet wurde. Anwendbar bei neuen und auch Lüftungs- und RLT-Anlagen im Bestand lassen sich mit Aeroseal Luftleitungssysteme innerhalb kurzer Zeit zuverlässig von innen heraus und ohne vorherige Suche der Leckagen abdichten. Bis zu einem Durchmesser von 15 mm werden dabei Undichtigkeiten durch das Einbringen eines den Anforderungen der VDI 6022 entsprechenden hygienisch unbedenklichen Dichtstoffs dauerhaft beseitigt. In der Regel ist dafür nicht einmal ein Eingriff in die Bausubstanz nötig und die Anlage kann mit Ausnahme des Abdichtungsprozesses – der meist innerhalb weniger Stunden und mit nur ein bis zwei Personen abgeschlossen ist – ungestört genutzt werden. Daher liegen im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren die Amortisationszeiten mehrheitlich bei nur ein bis fünf Jahren, die Gesamtkosten eines Gewerks können bei einer integrativen Planung reduziert werden und sowohl die Kosten als auch der Zeitaufwand für die Abdichtung selbst sind gering. Ein Gesamtkonzept, das immer mehr Anlagenbauer und Unternehmer überzeugt und mittlerweile in 16 Ländern von 28 im Wettbewerb stehenden Vertragspartnern der MEZ-TECHNIK GmbH erfolgreich einsetzt wird. Tendenz weiter steigend.
Ein Vorreiter in Sachen Energieeffizienz
So wurde das Aeroseal-Verfahren beispielsweise von der Aerotechnik GmbH, Münsingen, verwendet, die mit dem Bau der Lüftungsanlage des BV Daimler Office V in Vaihingen beauftragt war. Um die im Leistungsverzeichnis geforderte Dichtheitsklasse C für das gesamte System zu gewährleisten, wurden zunächst ausschließlich Luftleitungskomponenten der Dichtheitsklasse C bestellt, geliefert und verbaut. Die Aufhängung erfolgte mit Hilfe von Profilschienen, um Undichtigkeiten durch Schrauben zu vermeiden. Lediglich in den Schächten konnte auf Bohrungen in den Luftleitungen zur Aufhängung nicht verzichtet werden. Nach Fertigstellung der Anlage zeigte sich bei einer Dichtheitsprüfung, dass in den Steigschächten die geforderte Dichtheitsklasse C nicht erreicht wird. Statt auf eine manuelle Abdichtung einzeln lokalisierter Undichtigkeiten zu setzen, wurde zur Abdichtung der Leckagen Aeroseal verwendet. Hierzu mussten lediglich die Brandschutzklappen zur Abtrennung der Stränge in den einzelnen Etagen geschlossen werden. Zudem wurde das Abdichtungsgerät mit den abzudichtenden einzelnen Steigschächten verbunden. Dies konnte über einen einzigen Anschlusspunkt erfolgen, einen Steigschacht im Dachbereich. Von diesem aus waren alle weiteren Steigschächte über das Luftleitungssystem miteinander verbunden und somit zu erreichen. Nach der erfolgreichen Verbindung von Abdichtungsgerät und Steigschacht über einen Folienschlauch erfolgte die Einleitung des mit Hilfe von Druck und Temperatur in feinste Teilchen zerstäubten Dichtstoffs, der zusammen mit der Luft durch das undichte Luftleitungssystem strömte. Da an undichten Stellen lokal der Druck absinkt, wird die mit Dichtstoff beladene Luft in diese Richtung umgelenkt und durchströmt die Undichtigkeiten von innen nach außen. Auf diese Weise lagern sich beim Durchströmen kleinste Mengen des Dichtstoffs an den Rändern der Leckagen ab, sodass Leckagen bis zu einem Durchmesser von 15 mm nach und nach dauerhaft verschlossen werden. Ohne vorherige Suche, ohne zusätzlichen Aufwand, ohne Dreck und ohne Staub. Das Ergebnis: Innerhalb nur weniger Stunden konnte die Leckagemenge bei einer Oberfläche von rund 710 m² von gut 700 l/s (und damit Dichtheitsklasse A) auf nur etwa 90 l/s (= Dichtheitsklasse C) reduziert und damit dem Auftraggeber ein komplettes Luftleitungssystem der Dichtheitsklasse C – inklusive einer langfristigen Dichtheitsgarantie und minimaler Betriebskosten – übergeben werden.
Förderung für mehr Effizienz
Aspekte, die bei Bauherren so gut ankommen, dass immer mehr Planer und Anlagenbauer den Einsatz einer nachträglichen Abdichtung mit Aeroseal bereits von Anfang an mit einplanen und ausschreiben. Unterstützt wird dieser Trend durch eine staatliche Förderung, die greift, wenn der Einsatz von Aeroseal in Bestandsgebäuden zur einer EnEV-relevanten energetischen Aufwertung der Lüftungs- oder RLT-Anlage führt. Beispielsweise kann über ein Förderprogramm für Einzelmaßnahmen in Bestandsgebäuden die Erstinstallation oder Erneuerung einer Lüftungsanlage subventioniert werden, wenn durch die Erneuerung oder Instandsetzung mindestens eine mit Messungen nachgewiesene Dichtheitsklasse B (gemäß DIN 1507:2006-07 beziehungsweise DIN 12237:2003-07) erreicht wird. Konkret werden bis zu 20 % Tilgungszuschuss auf einen Kredit der KFW Bank gewährt. Im Bereich der Prozesslüftungstechnik ist über das technologieoffene Förderprogramm „Energieeffizienz in der Wirtschaft (EEW)“ eine Förderung von bis zu 40 % möglich. Auch hier gilt die Dichtheitsklasse B als Maßgabe. Als Anhaltspunkt für die Förderrate werden die erwarteten CO2-Einsparungen, die einer Energieeinsparung gleichgesetzt werden, gegenüber dem Bestand herangezogen.
Inwieweit die Vorgabe einer Dichtheitsklasse B als Standard für eine Förderung ausreichend sein sollte, ist für viele Experten strittig. Nichtsdestotrotz wird der Ansatz positiv gesehen und so sagt Marcel Riethmüller: „Man kann oft froh sein, wenn die Firmen das Luftleitungssystem überhaupt auf Dichtigkeit überprüfen. Und um eine Förderung zu erhalten, muss diese mit einem Messprotokoll nachgewiesen werden.“ Eine nachgewiesene Dichtheitsklasse B mit Leckageraten von 2 % bedeutet im Vergleich zu der bisherigen Leckageraten von 15 % und mehr – und damit nicht einmal Dichtheitsklasse A, obwohl selbst geschriebene Verordnungen, Standards und Normen besseres fordern – immerhin einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung. Einen Schritt in Richtung dichter Luftleitungssysteme, deren Dichtheitsklasse (C) im GEG festgeschrieben wird und wichtige Basis für jegliche energiesparenden und effizienzsteigernden Maßnahmen im Bereich Lüftungs- Teilklima- und RLT-Anlagen ist. Zudem einen wichtigen und richtigen Schritt in Richtung eines (nahezu) klimaneutralen Gebäudebestands, der spätestens 2050 deutschlandweit erreicht werden soll.
Anhang
Dichtheitsklassen
Luftdichtheitsklasse der Luftleitung nach |
Leckagerate [%] |
Grenzwerte der Luftleckagerate fmax [m3/s/m2] |
|
DIN EN 1507 und DIN EN 12237 (alte DIN EN 13779) |
DIN EN 16798-9 |
||
ATC 7 |
Nicht klassifiziert |
||
ATC 6 |
15 |
0,0675 * pprüf * 10-3 |
|
A |
ATC 5 |
6 |
0,027 * pprüf * 10-3 |
B |
ATC 4 |
2 |
0,009 * pprüf * 10-3 |
C |
ATC 3 |
0,67 |
0,003 * pprüf * 10-3 |
D |
ATC 21 |
0,22 |
0,001 * pprüf * 10-3 |
ATC 11 |
0,07 |
0,00033 * pprüf * 10-3 |
1 Luftleitungen für besondere Anforderungen
pprüf [Pa] Prüfdruck - Auslegungsdifferenz des zu prüfenden Luftleitungssystems oder Luftleitungsteilsystems
Fördermöglichkeiten
Weiteren Informationen zu Fördermöglichkeiten finden Sie unter:
https://www.ecogreen-energie.de/
Berechnungsmodule
Energetisches Optimierungspotenzial - Tools zur Berechnung der Energieeinsparung
- BfEE Effizienzrechner Klima-Lüftung des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (https://www.bfee-online.de)
- AC-OPT Energieeffizienz--Software von Claus Händel (http://www.rlt-simulation.de)
- Lindab Duct-Leakage Calculator (https://www.lindqst.com/ads/calcleak/default.aspx)
Veranschaulichung der Leckageverluste in Abhängigkeit der Dichtheitsklasse
Beispielbilder Transportschäden
Typische Transportschäden mit negativen Auswirkungen auf die Dichtheit der Luftleitungskomponenten und damit des gesamten Systems entstehen beispielsweise....
...durch die Handhabung und den unvermeidbaren Verzug - insbesondere bei großen Luftleitungsbauteilen.
...durch einen (nahezu) unsachgemäßen, aber oftmals nicht anders zu realisierenden Transport der Luftleitungsbauteile auf die Baustelle.
Beispielbilder Montageprobleme
Typische Montagefehler, die zu Leckagen und Undichtigkeiten im Gesamtsystem führen können, sind beispielsweise...
...Luftleitungsbauteile, in deren Ecken sehr großzügig DIchtmasse eingebracht wurde.
...schlecht und nicht dem Stand der Technik aufgebrachte Dichtbänder.
...die Arbeitsweise "Try and Error", die zu Löchern führt, die nach der Montage häufig nicht mehr abgedichtet werden, sondern als Leckagen im Luftleitungssystem verbleiben.
...verzogene Bauteile, die nicht mehr exakt zueinander passen.
...durch Luftkanalklammern, die an falschen Stellen oder in falscher Menge angebracht werden.
...durch eine nicht sorgfältig und fachgerecht ausgeführte Verbindung verschiedener Luftleitungskomponenten.
...komplizierte Aufmaßbauteile, die vor Ort auf der Baustelle nach Produktionsstandards gefertigt und dann oftmals unter beengten Platzverhältnissen mit dem restlichen Luftleitungssystem verbunden werden müssen.
Beispielbilder visuelle Dichtheitsprüfung
Mit einer visuellen Dichtheitsprüfung lassen sich (nicht offensichtliche) Leckagen mit Hilfe von Sprühnebel oder einer Seifenlauge identifizieren, da sich an undichten Stellen Blasen bilden. Typische Fehlerstellen für Undichtigkeiten sind...
...Kanten und Falze.
...Verbundstellen.
Beispielbilder Fehler durch andere Gewerke
Spätestens nach dem Transport auf die Baustelle liegt der Zustand und damit die Dichtheit von Luftleitungsbauteilen nicht nur in den Händen des Anlagenbauers. Vielmehr haben auch andere Gewerke erheblichen Einfluss auf die Dichtheit des finalen Luftleitungssystems. Die Gründe hierfür sind zahlreich und so ist es keine Seltenheit, dass Luftleitungsbauteile....
...als Sitzgelegenheit genutzt werden.
...nach deren Einbau anderen Gewerken "im Weg liegen" und "zum Überwinden des Hindernisses" einfach nur Holzbretter (o.ä.) auf die empfindlichen Luftleitungsbauteile gelegt und dann als "Brücke" missbraucht werden.
Beispielbilder BV Office Daimler V
Bei der ersten Dichtheitsprüfung wurden im neu erstellten Luftleitungssystem BV Daimler V Undichtigkeiten von rund 700 l/s festgestellt. Da dies der Dichtheitsklasse A entspricht, jedoch Dichtheitsklasse C für das gesamte Luftleitungssystem gefordert war, erfolgte anschließend eine Abdichtung mit MEZ-AEROSEAL.
Das Einleiten des feinst zerstäubten Dichtstoffs zur Erzielung der geforderten Dichtheitsklasse C erfolgt über ein Folienschlauch, der das Abdichtungsgerät über einen Anschlusspunkt im Dachbereich mit dem gesamten abzudichtenden Luftleitungssystem verbindet.
Bilder der Kommentatoren
Jens Amberg, Erfinder des Luftenergiezählers und Geschäftsführer der Luftmeister GmbH
Valerie Leprince, Geschäftsführerin von PLEIAQ
Detlef Malinowsky, Sachverständiger, Referent für TGA-Technik, KfW und BAFA gelisteter Berater sowie Vorstand Energiegenossenschaft und Gewerbeverband
Christian Podeswa, Schulungsreferent der Helios Ventilatoren GmbH & Co. KG
Sven Rentschler, CEO der Revnen GmbH
Wolf Rienhardt, selbstständig tätig für Planung, Training, Beratung in der HLKS-Technik und Mitglied im Deutschen Fachverband für Luft und Wasserhygiene (DFLW)
Marcel Riehtmüller, Geschäftsführer der ecogreen Energie GmbH & Co. KG
Reinhard Siegismund, ö.b.u.v. Sachverständiger und Beratender Ingenieur VBI
Jörg Mez, Geschäftsführer der MEZ-TECHNIK GmbH (Co-Autor)
Dr. Tina Weinberger - die Text-Ingenieurin für Energieeffiizienz und Technik, Inhaberin QWERText
Weitere Informationen
AEROSEAL Film zur Erklärung des Abdichtungsprozesses finden Sie hier
Beispielhaftes AEROSEAL-Zertifikat